Der plötzliche Herztod ist mit über 65.000 Sterbefällen jährlich eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Er kann zu jeder Zeit überall auftreten und viele treffen. Betroffene verlieren ihr Leben oft vor allem deshalb, weil ihnen nicht rechtzeitig durch eine Wiederbelebung geholfen wird, bevor Notarzt oder Rettungsdienst vor Ort sind. Um zu einer Steigerung der – im internationalen Vergleich niedrigen – Laienreanimationsquote in Deutschland beizutragen, hat die Hessische Landesregierung im Schuljahr 2024/2025 als erstes Bundesland verpflichtenden Unterricht in Wiederbelebung eingeführt. Dieser wird stufenweise an allen weiterführenden Schulen etabliert, sodass er bis zum Ende der Legislaturperiode flächendeckend in allen siebten Klassen in Hessen durchgeführt wird. In diesem laufenden Schuljahr 2025/2026 führen nun schon 390 von 721 weiterführenden Schulen Unterricht in Wiederbelebung durch – das macht dann rund 60.000 erreichte Jugendliche in den Schulen.
Schnelles Handeln kann Leben retten
Bildungsminister Armin Schwarz, der Präsident der Björn Steiger Stiftung, Pierre-Enric Steiger, und der Geschäftsführer der Herzstiftung, Martin Vestweber, haben gemeinsam mit Jugendlichen aus siebten Klassen der Freiherr-vom-Stein-Schule in Eppstein die zuvor theoretisch erlernten Fähigkeiten an Reanimationspuppen angewandt. „Schnelles Handeln kann Leben retten – das gilt besonders in Notfällen. Umso wichtiger ist es, dass junge Menschen frühzeitig lernen, in kritischen Situationen besonnen und entschlossen zu reagieren. Der Wiederbelebungsunterricht, den wir im vergangenen Jahr eingeführt haben, ist inzwischen fest in unseren weiterführenden Schulen verankert. Er vermittelt nicht nur medizinisches Grundwissen und praktische Fähigkeiten, sondern stärkt auch Verantwortungsbewusstsein, Zivilcourage und den Mut, im Ernstfall zu helfen“, erläuterte Schwarz.
Bei der Umsetzung kooperiert das Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen eng mit der Deutschen Herzstiftung und der Björn Steiger Stiftung. Die in Hessen tätigen Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Johanniter-Unfallhilfe (JUH) und Malteser Hilfsdienst sind ebenfalls eingebunden.
Fast 400 Schulen haben bereits eine Reanimationsschulung durchgeführt
„Wir freuen uns über die sehr hohe Akzeptanz für die verpflichtenden Wiederbelebungsschulungen in Hessens weiterführenden Schulen. Fast 400 Schulen haben bereits eine Reanimationsschulung durchgeführt: ein Beleg dafür, dass Reanimationsschulungen durch unser Bildungsportal ,Wiederbelebung‘ und zugleich die Ausstattung der Schulen mit Reanimationspuppen gemeinsam mit der Björn Steiger Stiftung erfolgreich umgesetzt werden“, betonte Martin Vestweber, Geschäftsführer der Deutschen Herzstiftung.
„Es ist großartig zu sehen, dass der Wiederbelebungsunterricht im Rahmen von ‚HERZSICHER‘ gemeinsam mit der Deutschen Herzstiftung in Hessen so erfolgreich umgesetzt wird. Dass bereits Zehntausende Schülerinnen und Schüler lernen, Leben zu retten, zeigt, wie wirkungsvoll das Engagement von Schulen und Lehrkräften ist. Mit dieser Bildungsoffensive schaffen wir gemeinsam eine Kultur der Hilfsbereitschaft und stärken den Mut, im Notfall zu handeln. Ein besonderer Dank gilt allen Lehrerinnen und Lehrern, die mit großem Engagement Wissen vermitteln und helfen, Leben zu retten“, sagte Katerina Malliou, Geschäftsführerin der Björn Steiger Stiftung.
„Prüfen, Rufen, Drücken“
Ziel des Unterrichts in Wiederbelebung ist es, Schülerinnen und Schüler der siebten Jahrgangsstufe in einer Doppelstunde in der Methode „Prüfen, Rufen, Drücken“ zu schulen, um im Ernstfall in der Lage zu sein, die kritische Zeit bis zum Eintreffen professioneller Hilfe überbrücken zu können. Dabei wird vor allem die Durchführung der lebensnotwendigen Herzdruckmassage im Unterricht eingeübt – zunächst ohne Vermittlung der Atemspende, da gerade untrainierte Laien aufgrund der zusätzlichen Komplexität, aus Scheu oder aus Angst, etwas falsch zu machen, oft untätig bleiben.
Das zugrunde liegende Konzept ist für örtlich bereits bestehende Kooperationen mit Hilfsorganisationen sowie für die Arbeit der Schulsanitätsdienste und der Schulgesundheitsfachkräfte gut umsetzbar. Gemeinsam mit der Deutschen Herzstiftung wurden attraktive und differenzierte Fortbildungs- und Unterrichtsmaterialien wie Fortbildungsvideos für Lehrkräfte, Unterrichtskonzepte, dem Leistungsstand der jeweiligen Lerngruppe entsprechende Unterrichtsmaterialien sowie Videos für den unmittelbaren Unterrichtseinsatz entwickelt, die für die Umsetzung an der Schule zur Verfügung stehen. Die Björn Steiger Stiftung stattet zudem alle teilnehmenden Schulen mit jeweils zwölf Reanimationspuppen aus, die sowohl für die Fortbildung der Lehrkräfte als auch für den Unterricht in Wiederbelebung einsetzbar sind.
Neben der digitalen Lehrkräftefortbildung über die Online-Plattform bietet die Björn Steiger Stiftung in Zusammenarbeit mit der Deutschen Herzstiftung und den in Hessen tätigen Hilfsorganisationen im Rahmen ihrer Initiative „Herzsicher“ zusätzlich eine kostenfreie Präsenzschulung für Lehrkräfte vor Ort an der Schule an. Dabei werden die Herzdruckmassage, die Anwendung eines Trainings-AED sowie der Umgang mit einem funktionsfähigen AED für den Ernstfall trainiert. Die Hilfsorganisationen werden dabei mit der Umsetzung der Schulungen betraut.
Nach dem erfolgreichen Start in Hessen ziehen mittlerweile auch andere Bundesländer nach, sodass ein noch höherer Beitrag des Bildungsbereichs zur Steigerung der Laienreanimationsquote zu erwarten ist.