Hessen baut die Deutschförderung an seinen Schulen mit gezielten Maßnahmen weiter aus. Als Teil des Sofortprogramms „11+1 für Hessen“ der Landesregierung haben gleich nach den Osterferien 16 Grundschulen ein Pilotprojekt mit einer zusätzlichen Deutschstunde in der dritten und vierten Klasse begonnen, für die wöchentlich eine der beiden Englischstunden verwendet wird. „Wir greifen aktuelle Denkansätze auf und unterziehen diese einem Praxistest. Gute Deutschkenntnisse sind für jedes Kind unerlässlich für den schulischen Erfolg sowie den weiteren Lebensweg und eine Grundvoraussetzung für die Integration in unsere Gesellschaft. Sie sind das Fundament für Chancen- und Bildungsgerechtigkeit“, sagte Armin Schwarz, Hessischer Minister für Kultus, Bildung und Chancen. Er stellte das Pilotprojekt, an dem landesweit 70 Klassen teilnehmen, am Montag an der Freiherr-vom-Stein-Schule in Hünfelden-Dauborn vor.
Die zusätzliche Deutschstunde in der Woche anstelle von einer der beiden Englischstunden soll zur Lese- oder Schreibförderung genutzt werden. Die Konzentration auf diese grundlegenden Kompetenzen dient der gezielten Vorbereitung des Übergangs am Ende der Primarstufe zur weiterführenden Schule. Der Lernstand der Kinder wird zu Beginn der Maßnahme erhoben und am Ende wieder überprüft. Wenn die Evaluation einen deutlichen Lernzuwachs zeigen sollte, könnte es in der Folge im nächsten Schuljahr zu einer Ausweitung auf weitere Schulen kommen.
Hessenweit weitere Deutschstunde zum neuen Schuljahr in zweiter Jahrgangsstufe
Innerhalb der Vorhaben des Sofortprogramms der Landesregierung laufen im Kultusministerium zudem die Vorbereitungen auf das im Koalitionsvertrag festgelegte Legislatur-Vorhaben einer zusätzlichen Deutschstunde in der ersten und zweiten Klasse – und das hessenweit für alle Grundschulen. Die Einführung beginnt zum neuen Schuljahr in der zweiten Jahrgangsstufe. Es werden dann damit in den zweiten Klassen insgesamt sieben Stunden Deutsch in der Woche unterrichtet.
Gute Deutschkenntnisse sind für alle Fächer in der Schule wichtig. Die Basiskompetenzen des Lesens und Schreibens dienen als Fundament und grundlegende Fähigkeiten für jeglichen weiteren Bildungserwerb und müssen in der Grundschule neben dem Rechnen in besonderer Weise gefördert werden. Zudem geht es um Integrationsaufgaben. Hessen ist bundesweit das Flächenland mit dem höchsten Migrationsanteil in der Bevölkerung. In hessischen Grundschulen liegt der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund bei 43 Prozent. An manchen Schulen in Städten wie Frankfurt, Kassel, Offenbach, Hanau, Gießen oder Darmstadt beträgt der Anteil teilweise um die 90 Prozent.
Förderung der Bildungssprache Deutsch: ein hessisches Erfolgsmodell
Hessen ist mit den Deutschförderkonzepten an den Schulen bundesweit in einer Vorreiterrolle. Das Land hat in den vergangenen Jahren wichtige Impulse zur Stärkung und Vermittlung der Bildungssprache Deutsch gesetzt, unter anderem:
- verpflichtende Deutschförderung ein Jahr vor der Einschulung in Vorlaufkursen für Kinder, die bei der Sprachüberprüfung Defizite zeigen (gibt es so nur in Hessen),
- Gründung des deutschlandweit ersten Kompetenzzentrums zur Stärkung der Bildungssprache Deutsch an den Universitäten Frankfurt, Gießen und Marburg,
- nach Einführung einer zusätzlichen Deutschstunde in der dritten und vierten Jahrgangsstufe in der vergangenen Legislatur werden derzeit in den Grundschulen durchgängig sechs Stunden Deutsch in der Woche unterrichtet,
- Korrektur von Rechtschreibfehlern ab dem zweiten Halbjahr der ersten Klasse; damit sind Methoden wie „Schreiben nach Gehör“ nicht zulässig,
- Bewertung von Rechtschreibfehlern in allen Fächern der neunten und zehnten Jahrgangsstufe gemäß Fehlerindex,
- ein Grundwortschatz, der von Schulbeginn an zum systematischen Aufbau der Rechtschreibsicherheit verhilft,
- Erlernen einer verbundenen Handschrift,
- Einführung der verstärkten Leseförderung durch eine Mindestanzahl zu lesender Lektüren in der Sekundarstufe I.
Pilotschule in Dauborn fördert mit Lese-Therapiehund „Buddy“
Die Freiherr-vom-Stein-Schule in Hünfelden-Dauborn, eine kooperative Gesamtschule mit Grundschule, setzt das aktuelle Pilotprojekt in den dritten und vierten Klassen mit unterschiedlichen methodischen Zugängen in der Leseförderung um: Lesetandems, bei denen im Lesen stärkere Kinder schwächere unterstützen, gehören ebenso dazu wie Varianten des Vorlesetheaters. Im Einsatz ist auch der Lese-Therapiehund „Buddy“ zur Lesemotivation der Kinder. „Die Stärkung von Deutsch als Bildungssprache ist uns in der Freiherr-vom-Stein-Schule seit langem ein zentrales Anliegen, das wir mit verschiedenen Maßnahmen unterstützen. Deshalb freut es uns umso mehr, dass wir am Pilot teilhaben dürfen. Wir werden nun nochmals gezielt das Lesen fördern und somit auch der heterogener werdenden Schülerschaft Rechnung tragen können“, sagte Schulleiterin Judith Lehnert.
Am aktuellen Pilotprojekt nehmen folgende 16 Grundschulen teil:
- Kassel, Fasanenhofschule,
- Baunatal, Friedrich-Ebert-Schule,
- Lollar, Bunte-Schule,
- Fulda, Sturmiusschule,
- Herborn, Pestalozzi-Schule Schönbach,
- Haiger, Mittelpunktgrundschule,
- Hünfelden, Freiherr-vom-Stein-Schule Dauborn
- Wiesbaden, Riederbergschule,
- Frankfurt, Erich-Kästner-Schule,
- Frankfurt, Ackermannschule,
- Hanau, Limesschule,
- Hanau, Gebeschusschule,
- Gelnhausen, Igelsgrundschule,
- Erlensee, Grundschule Langendiebach,
- Darmstadt, Ludwig-Schwamb-Schule,
- Weiterstadt, Carl-Ulrich-Schule.