Bildungsminister Armin Schwarz (rechts) und Generalkonsul Vadym Kostiuk (links) beim Besuch des Unterrichts im Schulfach Ukrainisch.

Hessisches Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen

Schwarz und Kostiuk besuchen Unterrichtsstunde am Johanneum-Gymnasium in Herborn

Das gibt es nur in Hessen: Seit dem laufenden Schuljahr wird in Schulen Ukrainisch als zweite Fremdsprache angeboten. 17 Standorte im Land haben mit dem Pilotprojekt begonnen. Unterdessen hat sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine, die in hessischen Schulen unterrichtet werden, nach aktuellsten Erhebungen innerhalb eines Jahres nochmals um rund 1.000 auf jetzt mehr als 21.000 erhöht. Heute besuchten der Hessische Minister für Kultus, Bildung und Chancen, Armin Schwarz, und der Generalkonsul der Ukraine, Vadym Kostiuk, das Johanneum-Gymnasium in Herborn, um sich vor Ort über den Start des Schulversuchs und die ersten Erfahrungen im Unterricht auszutauschen. „Wir möchten den Jugendlichen und Lehrkräften aus der Ukraine nicht nur eine stärkere Bildungs- und Berufsperspektive bieten – auch für den Wiederaufbau ihres eigenen Landes. Wir senden mit der Einführung von Ukrainisch als zweite Fremdsprache auch ein klares Zeichen der Freundschaft an die Ukrainerinnen und Ukrainer, die seit Beginn des russischen Angriffskriegs so viel durchleiden müssen“, sagte Minister Schwarz.

Generalkonsul Kostiuk begrüßte die Initiative: „Dieses Angebot ist eine wichtige Unterstützung und zugleich Anerkennung des Ukrainischen als bedeutsame europäische Sprache. Es trägt dazu bei, die Beziehungen zwischen den Menschen zu vertiefen, was in diesen für uns so schwierigen Zeiten besonders wertvoll ist. Ich danke dem Land Hessen für dieses beispielgebende Engagement.“

Aus Sicht des Schulleiters des Johanneum-Gymnasiums, Christian Betz, ermöglicht das neue Fremdsprachenangebot den Jugendlichen höhere Bildungsabschlüsse, womit sie ihre berufliche Perspektive erweitern können – auch mit Blick auf die Rückkehr in die Ukraine.  

Viele ältere ukrainische Jugendliche müssen wegen der Flucht nach Deutschland ihren Bildungsweg unterbrechen. Neben Englisch, das sie schon in der Ukraine gelernt haben, müssen sie schnell Deutsch lernen. Russisch wäre zwar als zweite Fremdsprache möglich, ist aber wegen des brutalen Angriffskrieges für die meisten keine Option. Die Einführung von Ukrainisch als zweite Fremdsprache kann adäquate Bildungswege mit höher qualifizierten Abschlüssen ermöglichen. Fachkräfteberufe setzen zudem oft einen weiterführenden Schulabschluss voraus, für dessen Erwerb eine zweite Fremdsprache verlangt wird.

320 Lehrkräfte aus der Ukraine und 11.000 Jugendliche im Regelunterricht

Die Gruppe der Jugendlichen aus der Ukraine an hessischen Schulen ist größer als die Gruppe aller in den vergangenen zwei Jahren geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus den zehn weiteren häufigsten Herkunftsländern zusammen. Von den derzeit mehr als 21.000 ukrainischen Schülerinnen und Schülern sind etwa 9.000 in Intensivklassen zur Deutschförderung; 11.000 befinden sich aufgrund ihrer erworbenen Deutschkenntnisse schon im Regelunterricht. Hinzu kommen derzeit rund 1.200 ukrainische Kinder, die wie alle anderen im Fall von Sprachdefiziten ein Jahr vor der Einschulung an verpflichtenden Vorlaufkursen zum Deutschlernen teilnehmen müssen, bevor sie das notwendige Sprachniveau für den Unterricht in der Grundschule erreichen. 

Bei dem neuen Angebot geht es neben dem Wettbewerb um zukünftige Fachkräfte auch um die Gewinnung weiterer Lehrerinnen und Lehrer. So arbeiten derzeit schon rund 320 Lehrkräfte aus der Ukraine an Schulen in Hessen. Erfahrungsgemäß können viele von ihnen schnell auf Deutsch unterrichten. Oft decken sie auch derzeit besonders gefragte Fächer wie Physik, Chemie, Mathematik, Musik, Kunst oder Sport ab und können so bei der Unterrichtsversorgung mithelfen.

Ukrainisch gehört zu den meistgesprochenen slawischen Sprachen. Die Ukraine ist flächenmäßig das zweitgrößte Land Europas. Mit dem neuen Angebot leistet Hessen einen wichtigen Beitrag zum gemeinsamen europäischen Selbstverständnis und zur zukünftigen wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der Ukraine.

Hintergrund Fremdsprachenangebot

Hessen bietet ein umfangreiches Fremdsprachenangebot. Mit Ausnahme der südasiatischen Sprachen umfasst das Angebot die zehn meistgesprochenen Sprachen der Welt sowie alle Amtssprachen der Vereinten Nationen. Derzeit können Schülerinnen und Schüler folgende Fremdsprachen wählen: Englisch (1./2. Fremdsprache), Französisch, Latein, Spanisch (1./2./3.), Italienisch, Russisch, Chinesisch, Polnisch, Arabisch, Portugiesisch (2./3.), Altgriechisch (3.).

Im deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag von 1991 verpflichteten sich beide Nationen zur Pflege der jeweils anderen Sprache. Aktuell läuft zudem ein Schulversuch für Türkisch, an dem sich bisher zwei Schulen in Kassel und Lollar beteiligen. Weitere Schulen können bei Bedarf und Interesse im kommenden Schuljahr dazukommen. Entscheidend für die Erprobung ist die Anzahl der dauerhaft interessierten Schülerinnen und Schüler sowie die Bereitschaft der Schule.

Die 17 Standorte des Pilotprojekts

Hofgeismar, Gustav-Heinemann-Schule; Kassel, Schule Hegelsberg; Melsungen, Gesamtschule; Dillenburg, Johann-von-Nassau-Schule; Herborn, Johanneum-Gymnasium; Asslar, Alexander-von-Humboldt-Schule; Nidderau, Bertha-von-Suttner-Schule; Freigericht, Kopernikus-Schule; Hanau, Lindenauschule; Oberursel, Gesamtschule Stierstadt; Dreieich, Heinrich-Heine-Schule; Offenbach, Mathildenschule; Frankfurt, Ernst-Reuter-Schule II; Raunheim, Anne-Frank-Schule; Eltville, Gymnasium; Ober-Ramstadt, Georg-Christoph-Lichtenberg-Schule; Dieburg, Goetheschule. 

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