Schülerinnen und Schüler schreiben im Unterricht in ihre Hefte.

Maßnahmenpaket zur Stärkung der Bildungssprache Deutsch

Das Maßnahmenpaket setzt sich aus drei zentralen Bereichen zusammen: Grundlegende Fertigkeiten stärken, Lesekompetenz fördern und Handlungskompetenz mit Texten und Sprache ausbauen. Es umfasst dabei alle Bildungsstationen, angefangen bei den Vorlaufkursen am Übergang zwischen Kindertagesstätte und Grundschule über die Maßnahmen in den Primar- und Sekundarstufen bis hin zur Förderung bildungssprachlicher Maßnahmen während der dualen Ausbildung.

Zur Empfehlung der Kultusministerkonferenz „Bildungssprachliche Kompetenzen in der deutschen Sprache stärken"Öffnet sich in einem neuen Fenster

Maßnahmen im Überblick

Grundschulen bieten Vorlaufkurse im Jahr vor der Einschulung als Hilfe für alle Kinder an, die bei der Anmeldung zur Einschulung über keine ausreichenden Deutschkenntnisse verfügen. Grundschulen und Kindertagesstätten arbeiten dabei eng zusammen. Seit Einführung der Vorlaufkurse wurden über 200.000 Kinder in dieser Weise erfolgreich auf den Beginn der Schulzeit vorbereitet. Die Vorlaufkurse verdeutlichen, dass die Stärkung der bildungssprachlichen Kompetenzen so früh wie möglich beginnen sollte und eine bildungsetappenübergreifende Gesamtaufgabe darstellt, die vom Elementar- über den Primarbereich bis hin zu den Sekundarstufen bzw. der dualen Ausbildung reicht.

Um den entscheidenden Übergang zwischen Primar- und Sekundarbereich zu meistern, erhalten die Schülerinnen und Schüler mehr Übungszeit. Bereits seit dem Schuljahr 2020/2021 wird für die Jahrgangsstufe 4 eine zusätzliche Deutschstunde zugewiesen, die zum Vertiefen und Üben der im Unterricht des Faches Deutsch zu entwickelnden bildungssprachlichen Kompetenzen oder für weitere Maßnahmen der Deutschförderung zu nutzen ist. Zum Schuljahr 2022/2023 ist die Zuweisung einer zusätzlichen Deutschstunde auf die Jahrgangsstufe 3 erweitert worden.

Analog zu diesen beiden zusätzlichen Deutschstunden wird zum Schuljahr 2024/2025 ebenfalls für den Jahrgang 2 die Zuweisung einer zusätzlichen Deutschstunde erfolgen. Überdies wird aktuell an 16 Grundschulen in Hessen ein Pilotprojekt im Rahmen des Sofortprogramms „11+1“ durchgeführt und evaluiert, bei dem die Jahrgänge 3 oder 4 der teilnehmenden Schulen eine Englischstunde als zusätzliche Deutschstunde zur Schulung basaler Kompetenzen (Lesen oder Schreiben) verwenden. 

Eine durchgängige Sprachbildung ist Aufgabe aller Fächer. Deshalb geht es in der bundesweit vernetzten und wissenschaftlich begleiteten Initiative darum, Fachunterricht so weiterzuentwickeln, dass er sprachsensibel ist, also die besonderen sprachlichen Anforderungen des Fachunterrichts bewusst macht und Schülerinnen und Schüler unterstützt, diese zu bewältigen. Das Land Hessen beteiligt sich im Transferprozess der Bund-Länder-Initiative durch die Ausweitung bestehender Verbünde und die Gründung neuer Verbünde (unter anderem „Verstärkte Leseförderung“, „Orthografie“, „Handschrift“, „TeKom 4+5“, „Frühkindliche Sprachförderung“ sowie die aktuell noch im Planungsprozess befindlichen Verbünde „Lese“-, „Schreib“- und „VERA-BiSS“).

Beispielsweise werden durch das Fortbildungskonzept TeKom 4+5 Lehrkräfte qualifiziert, die Textkompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler am Übergang zwischen Primar- und Sekundarbereich nachhaltig zu stärken. Das Fortbildungskonzept wurde in einer Kooperation des Hessischen Kultusministeriums mit der Hessischen Lehrkräfteakademie und den Universitäten Heidelberg und Kassel entwickelt.

Im Rahmen des Maßnahmenpakets wird Wert darauf gelegt, dass die Kulturtechnik der verbundenen Handschrift weiter gelehrt wird. Die Notwendigkeit zur Vereinheitlichung besteht in der größeren Vergleichbarkeit und erhöhten Transparenz, insbesondere für den Übergang in die weiterführende Schule. Dort müssen die Schülerinnen und Schüler in der Lage sein, den Tafelanschrieb der Lehrerinnen und Lehrer zu lesen. Daher wird für das Schuljahr 2021/2022 eine Empfehlung der Schulausgangsschrift oder der Vereinfachten Ausgangsschrift ausgesprochen. Ab dem Schuljahr 2022/2023 sind bei der Einführung der verbundenen Schreibschrift nur noch entweder die Schulausgangsschrift (SAS) oder die Vereinfachte Ausgangsschrift (VA) im Schriftspracherwerb zulässig. Die Jahrgänge, die vor der Festlegung der beiden möglichen verbundenen Schreibschriften noch in eine andere Schreibschrift eingeführt wurden, laufen sukzessive aus.

Die Handreichung zum Grundwortschatz Hessen umfasst insgesamt ca. 850 Worteinheiten, die in den Jahrgangsstufen 1-2 und 3-4 eingeübt werden. Zudem enthält sie einen ausführlichen Kommentarteil mit orthografischen Phänomenen und didaktischen Hinweisen zur Gestaltung des Unterrichts. Ein wichtiger Punkt ist dabei der Umgang mit der Fehlerkorrektur. Befürwortet wird eine „pädagogisch motivierte“ Korrektur, in der falsche Schreibungen durch Hinzufügen der korrekten Schreibweise korrigiert werden. Die „pädagogisch motivierte Fehlerkorrektur“ soll ab dem 2. Halbjahr der 1. Jahrgangsstufe bis zur Jahrgangsstufe 6 bereits ab dem Schuljahr 2021/2022 verbindlich umgesetzt werden. Die Methode „Lesen durch Schreiben“ („Schreiben nach Gehör“) ist in Hessen unzulässig. Nähere Informationen dazu sind im Kapitel 3 der Handreichung zum Grundwortschatz dargestellt.

Um die Schülerinnen und Schüler gezielt auf die Anforderungen in den Abschlussprüfungen vorzubereiten, wird ein einheitlicher Fehlerindex bei der Bewertung von schriftlichen Arbeiten in allen Unterrichtsfächern in den Jahrgangsstufen 9 und 10 der allgemeinbildenden Schulen eingeführt. Damit werden die Vergleichbarkeit und Transparenz in der Benotung der Rechtschreibleistungen gestärkt. Im Schuljahr 2022/2023 wird den Schulen der Fehlerindex, der zusammen mit der Kompetenzstelle Orthografie an der Goethe-Universität Frankfurt entwickelt wurde, aus fachlicher Sicht dringend empfohlen. Mit Wirkung vom 1. August 2023 trat der Fehlerindex im Rahmen der vierten Verordnung zur Änderung der VOGSV in Kraft. Dabei gilt stets zu beachten, dass der Fehlerindex nur in jenen schriftlichen Arbeiten Anwendung findet, bei denen ein Mindestumfang von 100 Wörtern im Fließtext erreicht wird. Nach ausführlicher wissenschaftlicher Beratung durch die Kompetenzstelle Orthografie sind die Maximalabzüge gemäß dem jeweiligen Bildungsgang gestaffelt und belaufen sich auf höchstens ⅔ einer Note, was im Verhältnis zur inhaltlichen Bewertung verhältnismäßig ist.

Die PISA-Studie 2019 zeigt, dass die Lesekompetenzen stabil auf mittlerem Niveau stagnieren, dass das Lesestrategiewissen zwar hoch ausfällt, die Lesemotivation jedoch stark rückläufig ist. Das Ziel der Leseförderung besteht darin, die Lust am Lesen und die Bedeutung des Lesens zu stärken. Deshalb wird die Idee eines „Nationalen Lesepakts“ der Stiftung Lesen unterstützt. Zudem erhalten die Lehrerinnen und Lehrer Lektüreempfehlungen zur Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Lektüren.

Ab dem Schuljahr 2022/2023 ist in jeder Jahrgangsstufe in der Sekundarstufe I im Deutschunterricht mindestens eine Ganzschrift zu behandeln. Den Schulen wurde bereits für das Schuljahr 2021/2022 empfohlen, mindestens eine Ganzschrift pro Schuljahr in der Sekundarstufe I im Deutschunterricht zu behandeln.

Geplant ist die Einrichtung eines „Kompetenzzentrums Bildungssprache“, das an die bereits eingerichtete Kompetenzstelle Orthografie anknüpft, die in Kooperation des Hessischen Ministeriums für Kultus, Bildung und Chancen mit der Hessischen Lehrkräfteakademie, der Goethe-Universität Frankfurt am Main und der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main entstanden ist. Das geplante Kompetenzzentrum Bildungssprache Deutsch in Hessen trägt nachhaltig zur Stärkung von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zu bildungssprachlichen Teilbereichen (Schreiben, Lesen, Zuhören, Sprechen) auf Grundlage wissenschaftlicher Expertise bei. Das schließt die Erstellung von Fortbildungsmaterialien und die Konzeption von neuen Fortbildungsformaten ein.

 

Es wird die Verankerung der Stärkung der Bildungssprache Deutsch im Rahmen der Novellierung des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes angestrebt.

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