Hessen hat bundesweit als erstes Land einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern aus Kibbuzen in Israel, die unter den Folgen des Terrorangriffs vom 7. Oktober zu leiden haben, eine kurze Auszeit von der äußerst angespannten Sicherheitslage in der Heimat ermöglicht. Statt der täglichen Angst vor neuer Gewalt sollte ein wenig Normalität im Mittelpunkt stehen. Dazu kamen Ende April auf Einladung des Hessischen Ministeriums für Kultus, Bildung und Chancen für zehn Tage zwölf Jugendliche im Alter zwischen 13 und 18 Jahren nach Hessen, die während ihres Aufenthaltes mit Schülerinnen und Schülern der Carl-von-Weinberg-Schule in Frankfurt jeweils Tandempartnerschaften bildeten. In dieser Zeit wurden gemeinsam vielfältige Aktivitäten unternommen: von Sport bis zu Schulbesuchen, Diskussionsrunden mit gleichaltrigen Jugendlichen, dem Empfang im Landtag, Besichtigungen oder ein gemeinsamer Besuch eines Konzerts.
„Es tut uns in der Seele weh, dass sich die von dem mörderischen Terrorangriff der Hamas betroffenen Kinder und Jugendlichen nach wie vor in dieser Ausnahmesituation befinden. Mit unserem Angebot wollten wir zumindest einigen von ihnen hier bei uns in Hessen zeitweise ein Stück Normalität ermöglichen. Zudem ist es mir ein Herzensanliegen, die Beziehung zu unseren israelischen Freunden zu pflegen. Das deutliche Zeichen war uns wichtig – zum Schutz des Staates Israel, gegen Judenhass und antisemitische Strömungen“, sagte Kultusminister Armin Schwarz während eines Zusammentreffens mit der Gruppe in Frankfurt.
Mehr Schulpartnerschaften mit Israel
Hessen wolle die Schulpartnerschaften mit Israel weiter fördern, um den eigenen Schülerinnen und Schülern Weltoffenheit und ein historisches Verständnis zu vermitteln. Er freue sich schon auf einen Gegenbesuch, wenn das wieder möglich sei, kündigte der Minister an. „Freundschaft ist eine mächtige Kraft. Sie überwindet Grenzen, Sprachen und Religionen. Die deutsch-israelischen Beziehungen ermöglichen es den Schülerinnen und Schülern unserer beiden Länder, die gemeinsame Geschichte zu reflektieren und sich ein persönliches aktuelles Bild vom anderen Land und seinen Menschen zu machen.“
Die Leiterin der Weinberg-Schule, Carolin Kubbe, hatte mit ihrem Team und den betreuenden Jugendlichen ein umfangreiches Programm auf die Beine gestellt, damit sich die gesamte Gruppe schnell näherkommen konnte. „Um sich kennenzulernen, braucht man das gemeinsame Erlebnis“, sagte sie. Die Weinberg-Schule ist eine integrierte Gesamtschule und Eliteschule des Sports. Aufgrund der schrecklichen Erlebnisse sind einige der mitgereisten Jugendlichen traumatisiert. Auch schulpsychologische Unterstützung wurde ihnen angeboten.
Nach dem Terrorangriff der Hamas waren die betroffenen Kibbuze, in denen die Familien der Jugendlichen leben, evakuiert und die Bewohner an anderen Orten im Land untergebracht worden. Für die Kinder und Jugendlichen sind nach mehreren Monaten ganz ohne Unterricht vorerst nur provisorische Lösungen mit Schulunterricht möglich. Es fehlt nicht nur an Räumlichkeiten; vor allem fehlen Lehrkräfte, die derzeit zum Teil ihren Dienst in der israelischen Armee leisten. Zum Abschied in Frankfurt sagte Tal Borenstein, der die Reise auf israelischer Seite aus dem Kibbuz Nirim organisierte: „Wir haben neue Freunde und Freude gefunden. Der Aufenthalt hat so viel bewirkt. Ich sehe jetzt statt der Trauer wieder öfter ein fröhliches Lächeln in den Gesichtern der Kinder.“