Bildungsminister Armin Schwarz bei der Pressekonferenz zum Schuljahresstart

Hessisches Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen

Neue Programme und richtungsweisende Initiativen zur Stärkung der Bildung

Mit einem stabilen, verlässlichen Rahmen für gute Bildung, mit neuen Programmen und richtungsweisenden Initiativen geht Hessen in das Schuljahr 2024/2025. „Wir freuen uns sehr, dass es wieder losgeht, und sind startbereit“, sagte Armin Schwarz, Minister für Kultus, Bildung und Chancen, am Freitag in Wiesbaden. „Wir leben in einer Zeit besonderer gesellschaftlicher Herausforderungen und zunehmend erschwerter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Ich sehe es daher als meine Verantwortung, dass wir in der Bildung sehr zielgerichtet auf das Wesentliche setzen, immer die Qualität anstreben und offen sind für Neues.“ Er wisse als Vater und Lehrer, wie wichtig es sei, jedem Kind Ansporn und umfassende individuelle Förderung zu geben. „Für diese Aufgabe erhalten unsere Lehrkräfte unsere volle Unterstützung.“ Zugleich appellierte der Bildungsminister, gemeinsam für ein respektvolles Miteinander an den Schulen einzutreten. „Dem zunehmenden Verlust an achtungsvollem und wertschätzendem Umgang müssen wir entschieden entgegentreten. Schule kann nicht alles richten, jedoch einen Beitrag leisten.“

Recruiting-Hotline: Mit einem studierten Fach voll ausgebildete Lehrkraft werden

Für die bestmögliche Unterrichtsversorgung arbeiten und engagieren sich so viele Lehrkräfte wie noch nie – mehr als 65.000. Weitere 600 Stellen für Lehrerinnen und Lehrer sind zum neuen Schuljahr geschaffen worden. Rund 1.000 neue Lehrkräfte mit abgeschlossenem Referendariat beginnen jetzt. Um mehr ausgebildete Profis mit pädagogischer Qualität zu gewinnen, beschreitet Hessen als eines der ersten Länder einen neuen Weg im Recruiting: Zielgruppe sind alle Absolventinnen und Absolventen mit Universitätsabschlüssen (Master, Diplom, Magister). Sie werden gemäß ihrem Studiengang und nach erfolgreichem Vorbereitungsdienst (Referendariat) durchgängig in einem Schulfach unterrichten – und zwar als vollwertige, verbeamtete Lehrkräfte. „Wir schaffen hier ein attraktives Berufsangebot für alle, die sich die gesellschaftlich wichtige Aufgabe in der Schule gut für sich vorstellen können, aber mit den bisher geforderten zwei Schulfächern nicht die entsprechenden Voraussetzungen erfüllten. Auch für Lehrkräfte aus dem Ausland mit nur einem studierten Fach ist es damit leichter, hier in ihrem Beruf Fuß zu fassen“, sagte Bildungsminister Schwarz. Das Gesetz dafür wird zeitnah in der Regierungskoalition abgestimmt und soll noch in diesem Jahr im Landtag eingebracht werden. Interessierte können sich gleich von nächster Woche an über die Kontaktdaten auf der Internetseite des Ministeriums und eine speziell dafür eingerichtete Hotline informieren.

Noch mehr Deutschunterricht in der Grundschule

Konsequent ausgeweitet wird der Deutschunterricht an Grundschulen. Landesweit erhalten in diesem Schuljahr alle zweiten Klassen eine Stunde mehr Deutsch. Zugleich wird das Pilotprojekt für eine zusätzliche Deutschstunde in den dritten und vierten Klassen statt einer der beiden Englischstunden an 15 Grundschulen mit 69 Klassen fortgeführt. Eine freiwillige Ausweitung auf zusätzliche Schulen ist vorgesehen. Genutzt wird die Stunde mehr vor allem zum Lesen. „Das Beherrschen der deutschen Sprache ist der Schlüssel für schulischen Erfolg und gesellschaftliche Teilhabe. Das gilt für alle Kinder. Je solider die deutsche Sprache in all ihren Facetten beherrscht wird, umso größer sind die Bildungschancen und auch die Erfolgsaussichten auf dem beruflichen Weg“, sagte Schwarz.

Hessen ist das Flächenland mit den meisten Menschen mit Migrationshintergrund, viele davon sind vor kurzem eingewandert oder als Flüchtlinge gekommen. Die gemeinsame Sprache lässt mehr Gemeinschaftsgefühl entstehen, fördert das Verständnis füreinander und kann laut Studien Konflikte mindern. Die Deutschförderung setzt in Hessen früh ein: Zur Vorbereitung auf den Grundschuleintritt im nächsten Jahr werden bis dahin als Prognose etwa 19.000 Kinder verpflichtende Sprachkurse (Vorlaufkurse) erhalten, um die in der Schulanmeldung festgestellten Defizite auszugleichen. Nur dann können sie eingeschult werden. Die Zahl der Kinder beträgt in Relation zu den eingeschulten Kindern fast ein Drittel.

Wertevermittlung wird gestärkt – zwei Unterrichtsstunden in Intensivklassen

Angesichts zunehmender Polarisierung, Falschinformation und gefährlicher Trends in sozialen Medien, von rechter Hetze, Antisemitismus und Extremismus wie aus dem islamistischen Bereich haben Wertevermittlung, Demokratielernen und Gewaltprävention für die Kompetenzentwicklung aller Schülerinnen und Schüler eine besondere Bedeutung. Dafür werden vorhandene Maßnahmen, Projekte und Beratungsangebote (wie durch die Beratungsstelle Jugend und Medien Hessen) weiter intensiviert und neue oder erweiterte Unterrichtsmaterialien zur Verfügung gestellt – wie die erfolgreiche Handreichung für Lehrkräfte „Grundrechtsklarheit, Wertevermittlung, Demokratieerziehung“. Ausgeweitet werden zudem die Fortbildungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer. Für alle Schülerinnen und Schüler ist es wichtig, sich mit einem respektvollen Umgang untereinander, den demokratischen Werten und der Bedeutung von Meinungsfreiheit zu beschäftigen. „Für unsere unveräußerlichen Werte müssen wir konsequent eintreten, sie im täglichen Umgang leben, im Großen wie im Kleinen. Das beginnt mit ‚danke‘ und ‚bitte‘ und hört bei einer Debatte um Recht und Freiheit noch nicht auf“, sagte Schwarz.

Auch die derzeit mehr als 36.500 geflüchteten und zugewanderten Kinder und Jugendlichen in den rund 2.100 Intensivklassen, die sich noch nicht im Regelunterricht befinden, werden neben der Deutschförderung ab sofort zwei Stunden des Unterrichts pro Woche für eine Vermittlung der hier geltenden Werte sowie in der Demokratiebildung absolvieren.

Früh ausprobieren statt Chancen verpassen: Von der Praktikumsbörse bis zur Aktion „Grundschule trifft Berufsschule und das Handwerk“

Das Kultusministerium stärkt im neuen Schuljahr die berufliche Orientierung in der Schule, damit der Weg in einen Beruf durch praxisnahe Erfahrungen und die Erprobung persönlicher Interessen leichter fällt. Damit Jugendliche in den Schulen und Betrieben schneller und unkomplizierter zusammenfinden, bereitet das Ministerium derzeit eine digitale Praktikumsbörse im Internet vor, um den Schülerinnen und Schülern die Suche nach einem Praktikumsplatz in ihrer jeweiligen Region zu erleichtern. Es ist eine Ergänzung zu bestehenden Angeboten wie beispielsweise von Kammern und Verbänden und auch der Bundesagentur für Arbeit. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass ein Praktikum bei der Wahl eines Berufs und des weiteren Lebensweges unerlässlich ist. Wir wollen damit die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und den Handwerksbetrieben weiter stärken und vereinfachen. Immer mehr Betriebe suchen Azubis“, sagte Schwarz. Diese Initiative reiht sich ein in Aktionen wie den geplanten Tag des Handwerks und die erstmals in diesen Sommerferien stattgefundenen Praktikumswochen, an denen sich mehr als 5.000 Jugendliche und rund 1.400 Unternehmen beteiligten.

Um die nächste Generation von Fachkräften zu sichern, setzt das Kultusministerium nun schon in der Grundschule gezielt auf die Förderung handwerklicher Fertigkeiten. Im kommenden Schuljahr werden hessenweit mit der Aktion „Grundschule trifft Berufsschule und Handwerk“ bereits bestehende Projekte und Kooperationen ausgebaut und dabei intensiv mit den Staatlichen Schulämtern, Handwerkskammern und ansässigen Betrieben zusammengearbeitet. Ermöglicht werden sollen wechselseitige Besuche und gemeinsame Aktivitäten. Durch Projekte im Werken entwickeln und vertiefen Grundschulkinder erste Fertigkeiten in diesem Bereich. Lehrkräfte können in der Grundschule beispielsweise im Kunstunterricht Handarbeiten vom Basteln oder Nähen, im Bereich des textilen Gestaltens über die Einführung in einfache Werkzeuge hin zur Bearbeitung unterschiedlichster Materialien näherbringen. Dafür werden Fortbildungen angeboten.

Fortbildungsoffensive, Projekte, Ausweitung: KI und Digitalisierung

Mit einer Fortbildungsoffensive für Lehrkräfte wird die Anwendung künstlicher Intelligenz (KI) in Schulen weiter gestärkt. Es geht um das Verständnis für die neue Technik, die Bewertung vorhandener Applikationen und eine pädagogische sowie rechtliche Hilfestellung. Mit der Ludwig-Maximilians-Universität in München wird das Projekt „KI4S’cool“ an 25 Schulen zum individualisierten Lernen mit KI in der gymnasialen Oberstufe durchgeführt. Zudem ist vorgesehen, in den 29 Medienzentren im Land eine Fachberatung für KI aufzubauen, um Lehrkräfte zu unterstützen. Der Digitaltruck für Grundschulen mit Anwendungen in Programmieren und Robotik wird als Angebot auf die fünften und sechsten Klassen ausgeweitet und um KI-Workshops ergänzt. Am erfolgreichen Schulversuch mit dem neuen Fach Digitale Welt nehmen in den fünften und sechsten Klassen weitere Schulen teil, statt 64 jetzt schon 80.

Neu im Schuljahr

Landesweit ausgerollt wird die digitale „berufswahlapp“, die nach und nach den analogen Papieraktenordner (Berufswahlpass) ersetzen wird. Durch die Funktionen werden Praktikumsberichte, Bewerbungen, Zeugnisse, persönliche Stärkenprofile oder Berufsberatungen einfach per Cloud verwaltet und von den zuständigen Lehrkräften begleitet. Die Daten sind von überall und jederzeit abrufbar. Alle Schülerinnen und Schüler ab der siebten Jahrgangsstufe der Haupt-, Real- und Förderschule sowie ab der achten Jahrgangsstufe im gymnasialen Bildungsgang können die Anwendung nutzen. 

  • Die Zahl der ganztägig arbeitenden Schulen ist auf 83 Prozent gewachsen. Das Land setzt dieses Schuljahr mehr als 5.000 Stellen für den Ausbau der Ganztagsangebote ein. Mehr als 300 Schulen werden ihre Profile erweitern, anpassen oder erstmals Ganztagsangebote bereitstellen.
  • Der Rechtsanspruch ist etappenweise vom Schuljahr 2026/2027 an umzusetzen. Für die Grundschule gilt eine Zielsetzung, dass bis zum Schuljahresbeginn 2029/2030 jedem Kind ein ganztägiges Förderangebot bereitgestellt werden kann. Damit ist Hessen im Plan. 

Als erstes Land bundesweit startet Hessen in diesem Schuljahr den Schulversuch mit dem Angebot, Ukrainisch als zweite Fremdsprache zu wählen. Begonnen wird an 16 Standorten. Gerechnet wird zu Beginn mit fast 200 Anmeldungen. Den Jugendlichen aus der Ukraine soll hiermit eine größere Bildungsperspektive für höhere Abschlüsse gegeben werden. Zudem geht es um Fachkräftesicherung und die Gewinnung weiterer Lehrkräfte aus der Ukraine, die auch in anderen Fächern unterrichten können. 

Durch Flötenunterricht kann Kindern kostengünstig ein erster Zugang zum praktischen Musizieren und zur Musik ermöglicht werden. Kinder bekommen auch die Möglichkeit, ein Instrument zu erlernen. Das Projekt beginnt landesweit an 20 ausgewählten Grundschulen.

Zusätzlich zu den 30 Schulen der Modellprojektphase des vergangenen Schuljahrs nehmen nun weitere 180 Schulen am Unterricht in Wiederbelebung teil. Der Ausbau erfolgt in Kooperation mit der Deutschen Herzstiftung und der Björn Steiger Stiftung. Wiederbelebung kann im regulären Unterricht, beispielsweise aber auch innerhalb von Projekttagen oder -wochen, in Klassenlehrerstunden oder im Rahmen der Arbeit von Schulgesundheitsfachkräften oder des Schulsanitätsdienstes umgesetzt werden. Zur Umsetzung liefert die Björn Steiger Stiftung mehr als 2.000 Reanimationspuppen an die Schulen aus. Eine gemeinsame Internetplattform der Projektpartner mit modernen Unterrichts- und Fortbildungsmaterialien wird durch die Deutsche Herzstiftung finanziert und im September freigeschaltet. 

Zur Beratung der Kinder und Jugendlichen sowie der Lehrkräfte vor Ort können alle Schulen bei Bedarf Sprechstunden mit den Fachleuten aus der Schulpsychologie anbieten. Auch dafür wurde die Schulpsychologie weiter ausgebaut. Die digitalen Videosprechstunden für Jugendliche mit Schulpsychologinnen und Schulpsychologen werden in diesem Schuljahr ebenfalls wieder durchgeführt.