Damit alle Kinder mit Schwierigkeiten in Deutsch die Chance auf einen erfolgreichen Schulstart haben, gibt es in Hessen seit nunmehr 20 Jahren die sogenannten Vorlaufkurse – eine Erfolgsgeschichte. Seither werden Kinder mit Sprachdefiziten in Deutsch im Jahr vor der Einschulung intensiv auf den Unterricht in der Grundschule vorbereitet. Heute hat Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz einen Vorlaufkurs an Hessens größter Grundschule, der Pestalozzischule in Raunheim bei Frankfurt am Main, besucht. Dabei erklärte er: „Jedes Kind soll von Anfang an in der Schule mitreden können. In unseren Vorlaufkursen, die zunächst als freiwillige Maßnahme eingeführt wurden und per Beschluss im Jahr 2020 für Kinder mit Sprachdefiziten verpflichtend sind, wird hierfür der Grundstein gelegt. Während andere Länder noch über die Einführung von Sprachkursen vor der Einschulung diskutieren, zeigen unsere in allen Bildungsetappen abgestimmten Sprachförderprogramme seit Jahren Wirkung.“
Damit erfüllt Hessen bereits die kürzlich bundesweit laut gewordene Forderung von Bildungsfachleuten und Lehrerverbänden für eine frühe Förderung der Sprache Deutsch – dies insbesondere vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Zahl von Kindern und Jugendlichen mit einer Migrationsgeschichte. So haben derzeit im hessenweiten Durchschnitt 43 Prozent der Grundschulkinder, einer der höchsten Werte in Deutschland, einen Migrationshintergrund. Im städtischen Umfeld liegt der Wert noch einmal darüber – in der Pestalozzischule bei aktuell über 85 Prozent.
Hessen mit den wenigsten Schulabbrechern – 3.100 zusätzliche Lehrerstellen für Deutschförderung
Hatte Hessen Ende des vergangenen Jahrtausends insbesondere bei den zugewanderten ausländischen Schülerinnen und Schülern eine der höchsten Quoten ohne Hauptschulabschluss aller Länder mit bis zu 30 Prozent, gelang es, diese laut jüngster Veröffentlichung des Bildungsmonitors systematisch auf 9,6 Prozent zu senken (Bundesdurchschnitt 14,6 Prozent). Zudem ist Hessen seit Jahren spitze bei der Schulabbrecherquote und weist hier einen Wert der Abgänger ohne Hauptschulabschluss von 5,4 Prozent auf (Bundesdurchschnitt 6,2 Prozent). „Weniger Kinder und Jugendliche, die ein Schuljahr wiederholen oder die Schullaufbahn abbrechen, mehr qualifizierte Schulabschlüsse und im Endeffekt mehr Chancengerechtigkeit – dafür steht unser hessisches Gesamtsprachförderkonzept“, sagte der Minister. Hessen stellt für das schulische Gesamtsprachförderkonzept, dessen erster Baustein die Vorlaufkurse sind, im laufenden Schuljahr insgesamt rund 3.100 Lehrerstellen zur Verfügung.
Der Schulleiter der Pestalozzischule, Dr. Christian Scherer, ergänzte: „Die Bildungssprache Deutsch und deren Beherrschung ist unabdingbar für einen guten und erfolgreichen Schulstart. Die Vorlaufkurse bilden den ersten entscheidenden Baustein des Gesamtsprachförderkonzeptes an der Pestalozzischule in Raunheim.“
200.000 Kinder in Hessen besuchten bisher Vorlaufkurse – mehr als 95 Prozent erfolgreich
Seit Beginn im Schuljahr 2002/03 haben rund 200.000 Kinder die Vorlaufkurse durchlaufen. „Davon erreichten mehr als 95 Prozent das Ziel des Vorlaufkurses und konnten mit entsprechenden Deutschkenntnissen in die erste Klasse eingeschult werden“, unterstrich Lorz. Kinder, die aus rein sprachlichen Gründen zunächst zurückgestellt werden, erhalten weiterhin eine sprachliche Förderung und können im Verlauf des Schuljahrs nachträglich in die erste Klasse wechseln. Aktuell besuchen mehr als 16.000 Kinder einen Vorlaufkurs, so viel wie nie zuvor. Etwa 1.000 von ihnen besuchen keine Kita und erhalten damit eine zusätzliche Bildungschance vor der Einschulung. „Die Pestalozzischule zeigt, wie Schule von Beginn an zu einem Erfolg werden kann. Ich danke der gesamten Schulgemeinde sehr für ihr Engagement“, hielt der Minister abschließend fest.